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Wissenswertes: Oberfläche von Titan

Titan-Oberfläche von Cassini VIMS gesehen (Bildquelle: NASA/JPL/University of Arizona)

Kenntnisse vor Cassini/Huygens

Viele Jahre galt Titan als der geheimnisvollste Mond im Sonnensystem, weil dessen Oberfläche wegen der stratosphärischen Dunstschicht und des stark absorbierenden Methans von außen unsichtbar war. In gängigen Planetenatlanten fehlte einzig die Seite für Titan, während für eine Vielzahl von anderen, viel kleineren Monden Landkarten existierten. In den 1980er Jahren entstanden zahlreiche Spekulationen über den Zustand der Oberfläche. Die prominenteste Idee war, dass die gesamte Oberfläche mit einem kilometertiefen globalen Ozean aus flüssigen Kohlenwasserstoffen bedeckt sein könnte. Diese Vorstellung beruhte auf Implikationen aus Modellen der atmosphärischen Chemie, wonach aus Stickstoff und Methan unter anderem Ethan und Acetylen als Endprodukte hervorgingen, die sich im Laufe der Milliarden Jahre in flüssiger Form an der Oberfläche angesammelt haben könnte.

In den 1990er Jahren konnten zum ersten Mal mit dem Hubble-Weltraumteleskop die gesamte Oberfläche von Titan im nahinfraroten Spektrum beobachtet werden. Dabei wurde eine recht heterogene Helligkeitsverteilung beobachtet, weshalb ein globaler Ozean an der Oberfläche bereits als unglaubwürdig eingestuft wurde. Spätere Beobachtungen mit verschiedenen erdgebundenen Teleskopen bestätigten diesen Trend. Anschließend wurde vermutet, dass die Helligkeitsverteilung einfach eine Kontinent-Ozean-Verteilung wie auf der Erde widerspiegeln könnte.

Aus Analogie mit vergleichbaren Monden im äußeren Sonnensystem kam theoretisch eine Eisschicht als Bestandteil der Oberfläche am ehesten in Frage. Die Gesamtheit der spektralen und anderen physikalischen Eigenschaften der Oberfläche, die durch diverse astronomische Beobachtungen hergeleitet wurden, war jedoch mit keiner im Sonnensystem bekannten Oberfläche eines Planeten oder Mondes konsistent, somit auch nicht mit einer reinen Eisschicht. Titan blieb weiterhin bis zur Ankunft der Cassini/Huygens-Mission mysteriös.

Entdeckungen durch Cassini/Huygens

Das Geheimnis von Titan wurde endlich durch die Cassini/Huygens-Mission gelüftet, die seit 2004 Titan aus der Nähe untersucht. Sehr beeindruckend sind die Bilder, die von der Huygens-Sonde während des Landevorgangs gemacht wurden: eine irdisch anmutende Landschaft mit Hügeln, Flusssystemen und Flussmündungen. Die Flüsse sind höchstwahrscheinlich durch fließendes Methan infolge von Regenfällen entstanden, wenn auch die Flüsse ausgetrocknet zu sein scheinen. Solche Flusssysteme wurden später von Cassini an vielen anderen Orten Titans entdeckt und manche könnten Flüssigkeiten enthalten. Viele ausgetrocknete Flüsse befinden sich in Gegenden, wo bisher keine Wolken gesichtet worden sind. Es bleibt noch zu klären, unter welchen Umständen starke Regenfälle in überwiegend trockenen Gebieten auftreten können.

 

Umgebung der Huygens-Landestelle (Bildquelle: ESA/University of Arizona, Tomasko et al., 2005)

 

Huygens-Landestelle (Bildquelle: ESA/University of Arizona, Tomasko et al., 2005)

Die vielfältigen Landschaftsbilder von Titan schließen automatisch einen globalen Kohlenwasserstoff-Ozean an der Oberfläche definitiv aus. Auch eine Kontinent-Ozean-Verteilung wie auf der Erde konnte nicht bestätigt werden. Stattdessen wurden in der Polregion zahlreiche Seen entdeckt, die aus flüssigen Kohlenwasserstoffen und Stickstoff bestehen. Die meisten Seen befinden sich in der Nähe des Nordpols. Die drei größten Seen werden als Maria (Mehrzahl von Mare) bezeichnet, alle anderen, kleineren Seen als Lacus. Flüssiges Ethan wurde eindeutig spektral nachgewiesen. Somit stellen die Seen auf Titan die einzigen größeren Oberflächengewässer außerhalb der Erde dar, die der Menschheit bisher bekannt sind. Seit Beginn der Cassini-Mission wurden an einigen Seen Hinweise für einen Anstieg, aber auch für einen Abfall des Seespiegels gefunden, die möglicherweise auf Niederschläge und Verdunstung zurückzuführen sind. Die Konzentration der Seen in der Polregion weist darauf hin, dass flüssige Seen auf Titan die Rolle der Polkappen spielen. Polkappen aus gefrorenem Material sind dagegen nicht bekannt.

Radaraufnahme der polaren Seen (Bildquelle: NASA/JPL, Stofan et al., 2007)

Eine große Überraschung der Cassini-Mission war die Entdeckung ausgedehnter Dünenfelder in den Tropen und Subtropen. Dünen auf Titan erstrecken sich in West-Ost-Richtung, erreichen eine Höhe von ca. 100 m und sind im Abstand von wenigen Kilometern in Reih und Glied angeordnet. Sie bedecken etwa ein Fünftel des Globus und somit einen wesentlich größeren Flächenanteil als auf der Erde. Das Material, aus dem die Dünen bildenden Partikeln bestehen, ist unbekannt. Die Anordnung und Maße der Dünen liefern wertvolle Hinweise für Bodenwinde, die diese Düne geformt haben.

Radaraufnahme äquatorialer Dünenfelder (Bildquelle: NASA/JPL, Lorenz et al., 2006)

Titan hat verglichen mit der Erde keine ausgeprägte Topographie. Großräumige Höhenunterschiede betragen lediglich ein paar Hundert Meter. In einzelnen Gebirgsregionen wurden allerdings Berge mit einer maximalen Höhe von 2000 m entdeckt. Bedingt durch die langsame Rotation von Titan ist die Polabflachung gering. Dafür hat Titan zwei äquatoriale Wulste von der gleichen Größenordnung, die durch die Gezeitenkraft von Saturn verursacht sind.

Selbst spektrale Messungen durch Cassini und Huygens aus unmittelbarer Nähe liefern immer noch keine schlüssige Information über die Zusammensetzung der Oberfläche. Am ehesten ist die Oberfläche mit Eis konsistent, wenn auch zahlreiche Kontaminationen durch unbekannte Stoffe vorhanden zu sein scheinen. Bodenmessungen durch Huygens haben Hinweise für die Verdunstung von flüssigem Methan im Boden gefunden. Obwohl die Oberfläche aus einer harten Kruste besteht, ist wahrscheinlich zähflüssiges Material im Boden vorhanden, das unter anderem auch Methan enthalten kann.

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